VON CHARLOTTE MEYER | 10.08.2015 15:59

Durch Management den Wolf wieder heimisch machen

Ein wichtiger Teil unseres Ökosystems ist zurück – der Wolf ist wieder heimisch in unseren Wäldern. Was als Errungenschaft des Artenschutzes gilt, ist allerdings eine Plage für Landwirte und Nutztierhalter. Sie müssen sich nun auf einen neue Bedrohung für ihre Schützlinge einstellen, deren Bekämpfung durch den Artenschutz verboten ist. Den Umgang mit diesem Problem gewährleistet das „Wolfsmanagement“. Was das ist und warum viel aufgeklärt werden muss, berichtet UNI.DE.




Landwirte und Wolf im Widerstreit

Der Europäische Wolf, Canis lupus lupus, ist neben dem Haushund, Canis lupus familiaris, eine von 32 Unterarten der Art Canis lupus. Neben Canis lupus gibt es noch zwei weitere Arten der Gattung Canis (echte Hunde): den Rotwolf, Canis rufus und den Äthiopischen Wolf, Canis simensis. Sie alle gehören zu der Familie der Canidae (Hunde), welche wiederum zur Ordnung der Fleischfresser, der Carnivora gehören. Wölfe leben anders als Füchse in Rudeln mit starken Bindungen, was ihnen einen Überlebensvorteil bei der Futtersuche bietet. Dadurch sind sie in der Lage, Tiere zu erjagen, die um ein Vielfaches größer sind, als sie selbst – wie etwa Wisente oder Elche. Allerdings gestaltet sich in Deutschland die Auslebung dieses Naturells schwierig, denn die frei herumlaufenden Tiere sind meistens Eigentum von Landwirten. Auch gibt es kaum landschaftliche Räume, in denen der Wolf willkommen ist, da sie von unterschiedlichen Interessensgruppen wie der Forstwirtschaft oder dem Tourismus besetzt sind. Um diesem Problem entgegenzuwirken, engagiert sich der WWF für Kommunikation zwischen diesen Interessensgruppen und betreibt Lobbyarbeit für den Wolf, damit er wieder in seine ursprünglichen Reviere zurückkehren kann. Diese Arbeit mag der romantischen Vorstellung ‚zurück zur Natur‘, den viele Städter haben, entsprechen, doch stellen Wölfe in der Realität vor allem für Schäfer ein ernstes Problem dar, weil Schafe eine leichte Beute für sie sind und durch die knappe wirtschaftliche Lage der Schafindustrie zusätzliche Investitionen zum Schutz vor Wölfen schwer zu tragen sind. In Deutschland sind am stärksten Landwirte in der Lausitz, im Nord-Osten Sachsens und Süd-Brandenburg vom Einfall des Wolfes betroffen, aber auch in Frankreich ist der Wolf ein Problem. So drohten erst im Juli Bauern und Schäfer in Südfrankreich mit einer Blockade der Tour de France, weil die Situation für sie nicht mehr tragbar sei. Allein 8.500 Schafe sollen durch Wölfe im vergangenen Jahr gerissen worden seien. Von der Politik forderten die Franzosen die Abschaffung des Schutzes für die rund 300 Tiere im Land.

Wer hat im Ökosystem das Sagen – Wölfe, Pflanzen oder Insekten?

Wolfsmanagement nur in Sachsen und Brandenburg vorbildlich

Eine ähnliche Situation könnte laut dem Wolfsexperten vom NABU, Markus Bathen, in Deutschland auch entstehen wenn sich Halter wie in Frankreich gegen Schutzmaßnahmen wie Zäune wehren würden. Bei uns gibt es mittlerweile unterschiedliche Strategien zum Umgang mit Nutztieren und Wölfen, das sogenannte „Wolfsmanagement“. Hier arbeiten Länder, Naturschutzbehörden und Jagd- und Landnutzerverbände gemeinsam an Lösungen, um dem Wolf wieder eine Daseinsberechtigung zu ermöglichen. Der Aufklärung der Bevölkerung kommt dabei eine wichtige Rolle zu, um die Angst vor dem Wolf zu nehmen und auch die Entschädigung von Landwirten für gerissene Tiere ist ein wichtiger Aspekt. Jedoch ist das Wolfsmanagement in den meisten Bundesländern nicht ideal – angesichts der Tatsache, dass Wölfe Langstreckenläufer sind und binnen weniger Tage jeden Punkt in Deutschland erreichen könnten, ist das laut des Naturschutzbunds NABU besorgniserregend. Allein Sachsen und Brandenburg weisen ein sehr gutes Wolfsmanagement auf – das ist keine Überraschung wenn man daran denkt, dass dies die Bundesländer mit dem stärksten Wolfseinfall sind. Vielerorts müsste mehr in Sachen Monitoring der Wolfspopulationen, Unterstützung von Nutztierhaltern, Öffentlichkeitsarbeit und Managementpläne getan werden. Doch müssen die Strategien der einzelnen Bundesländer auch permanent überarbeitet werden, da der Wolf ein anpassungsfähiges Tier ist und es zum ersten Mal seit 150 Jahren in einer Kultur- und Industrielandschaft auftaucht. Dazu braucht es viel Beobachtungsgabe. Damit man in Deutschland immer auf dem neuesten Stand bleibt, treffen sich auf Ruf des brandenburgischen Umweltministeriums einmal im Jahr knapp 100 Organisationen, um das Wolfsmanagement bundesweit abzugleichen.

Unterschiedliche Schutzmaßnahmen vorhanden

Hier werden Lösungen erarbeitet, wie man dem Umgang zwischen Mensch und Wolf gut managen kann. Ideen sind zum Beispiel die Vertreibung des Wolfes aus sensiblen Zonen durch Gummigeschosse oder Paintball-Munition. In der Wolfsregion Lausitz etwa gibt es im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit die Ausstellung „Wolfsscheune“ oder auch ein Kontaktbüro als offizielle Informationsstelle zur Aufklärungsarbeit. Schutzmaßnahmen gibt es darüber hinaus unterschiedliche: Einerseits die Einzäunung von Herden, um Ausbrechen von Schafherden zu vermeiden, andererseits ist der Einsatz von unterschiedlichen Hütetieren wie Herdenschutzhunde oder Alpakas oder Esel zum Schutz einer Herde sinnvoll. Für uns mag vor allem die Verwendung von Eseln zum Herdenschutz ungewöhnlich klingen, jedoch sind die Tiere wegen ihres guten Gehörs in der Lage, Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen und Alarm zu schlagen. Außerdem hegen sie eine natürliche Abneigung gegen Canidae, was sie bei einem Wolfsangriff sofort wehrhaft werden ließe. Allerdings sind die Befunde zu Eseln und Hüten bisher sehr dünn, da Esel von Natur aus kein Hüteverhalten kennen – anders als Hunde. Hier muss noch viel Forschung betrieben werden, um das Potenzial des Esels weiter auszuloten. Dem natürlichen Jagdtrieb des Canis lupus lupus sollen also soweit es geht Steine in den Weg gelegt werden. Nur so kann sicher gestellt werden, dass der Wolf, der vom Menschen ausgerottet wurde, wieder in seinem ursprünglichen Habitat im Einklang mit uns leben kann.