VON CHARLOTTE MEYER | 02.11.2015 15:15

Kümmert scheinbar keinen: die Folgen von Luftverschmutzung auf den Menschen

Der Skandal um die Dieselmotoren von VW hat gezeigt: Man umgeht Abgasrichtlinien so gut es geht, im Zweifelsfall setzt man sich auch über sie hinweg. Dass aber Luftverschmutzung vor allem schädigende Wirkung auf den Menschen hat, wurde bislang oft vernachlässigt. Nun hat der Internationale Währungsfonds ein Arbeitspapier herausgebracht, das Subventionen fossiler Energieträger mit den Schäden für Umwelt und für den Menschen verknüpft. Diese Subventionen werden so zu den Hauptverursachern von Krankheiten durch Luftverschmutzung. Was dagegen getan werden muss und was die Erkrankungen durch Luftverschmutzung kosten, hat UNI.DE hier zusammengetragen.


Abgase verursachen hohe Kosten für die Gesellschaft

Das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz brachte kürzlich eine Studie heraus, die die Folgen der Luftverschmutzung auf das Wohl von Menschen analysiert hat. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass global jedes Jahr rund 3,3 Millionen Menschen an den Auswirkungen von Luftverschmutzung sterben, allein 160.000 davon durch Abgase im Straßenverkehr. Allerdings sind nicht nur in den großen Industriestandorten einiger weniger Entwicklungsländer die Folgen fatal, sondern auch in vielen Städten und Industrieländern weltweit. In Deutschland beispielsweise hat das Max-Planck-Institut 35.000 Tote durch Luftverschmutzung angegeben, wovon knapp 20 Prozent, also 7.000 durch die Folgen von Abgasen im Verkehr sterben. Das führt auch zu einem beträchtlichen Schaden für die Gesellschaft. Laut Analysen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist hier vor allem das Gesundheitssystem betroffen. Atemwegserkrankungen, Allergien oder Krebserkrankungen durch Abgase von Kohlekraftwerken und Kraftfahrzeugen kosteten demnach alleine 2013 die Volkswirtschaften global über 2.000 Milliarden Euro.

Lobby gleich Legislative?

Für die Kosten kann niemand zur Verantwortung gezogen werden

Wenn mir ein Schaden zugefügt wird, ist es klar, dass ich den Verursacher verklage. Aber wen verklagen bei Luftverschmutzung? Die Autofahrer oder die Energieerzeuger? Tatsächlich ist es im deutschen Rechtssystem so gut wie nicht möglich, dass Bürger oder Krankenkassen Autohersteller verklagen. Laut Remo Klinger, Fachanwalt für Umweltrecht, müsste in diesem Fall der oder die Geschädigte nachweisen können, dass ein Fahrzeug eines bestimmten Herstellers den Schaden verursacht hat. Anders ist es allerdings in den USA: Hier gibt es die Möglichkeit einer Sammelklage, in der ein Kläger oder eine Klägerin stellvertretend für eine ganze Gruppe von Betroffenen steht und im Erfolgsfall die gesamte Gruppe Ansprüche erhält. Auch reichen in den Vereinigten Staaten statistische Wahrscheinlichkeiten aus, um etwa einen Schaden durch Luftverschmutzung anzunehmen. Oliver Krischer, Umweltexperte der Grünen Opposition im Bundestag, findet dabei die Regelungen in den USA vorbildhaft. Er ist der Meinung, dass die US-Amerikaner bei Fragen der Gesundheit sehr genau hinschauen würden und es nicht ignoriert werde, wenn Fahrzeuge Grenzwerte nicht einhalten. Es ist indes nicht nur schwer, die Verursacher von Luftverschmutzung anzuklagen, sondern sie werden mehr noch in ihrer Produktion kräftig gefördert. Die fossilen Energien, die die Hauptquelle für Luftverschmutzung sind, werden weltweit weitaus stärker subventioniert als stets angenommen. Der IWF fand so in einem aktuellen Arbeitspapier heraus, dass der globale Energieverbrauch 2013 mit knapp 4.900 Milliarden Dollar subventioniert wurde, was circa 6,5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht und mehr als von sämtlichen Ländern weltweit für das Gesundheitswesen ausgegeben wird.

Grundlegende Reformen könnten Schaden halbieren

Vor allem der Skandal um Dieselmotoren von Volkswagen erscheint angesichts der verheerenden Folgen von Luftverschmutzung besonders makaber. Um die niedrigen Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden in den USA zu umgehen, hatte VW Abgastests von Dieselautos manipuliert. Entwickelt wurde eine Software, die bei Abgasprüfung den Ausstoß verringerte, auf der Straße aber nicht. Daraufhin verlor VW bei vielen Kunden das Vertrauen und der Vorstandschef musste zurücktreten. Angesichts der hohen Subventionen für fossile Energien und dem akuten Skandal um Dieselmotoren von VW hat man nicht den Eindruck, dass hier konsequent etwas gegen Luftverschmutzung und die damit zusammenhängenden Schäden getan werde. Der IWF hingegen rät zu Reformen. Energiesubventionen müssten abgeschafft und Umweltsteuern eingeführt werden, um die Umweltschäden zu vermeiden. Auf diese Weise könnten die Todesfälle durch lokale Luftverschmutzung um mehr als die Hälfte verringert werden. Auch werde eine solche Politik umweltfreundliche Technologien begünstigen, weil der künstliche Kostenvorteil fossiler Energien getilgt wäre. Der Energiepreis sei gering und der Zeitpunkt deswegen richtig. Eine solche Politik muss nur gegen die Lobby der großen Energieunternehmen durchgesetzt werden.