VON JANINA TOTZAUER | 19.10.2016 15:41

Abitur nachholen

Mit dem erfolgreich bestandenen Abitur erhalten junge Menschen ihre Allgemeine Hochschulreife, die zur Aufnahme eines Studiums qualifiziert. Wer in jungen Jahren frühzeitig aus dem Schulleben ausgeschieden ist und nicht den direkten Weg zum Abitur via Gymnasium zurückgelegt hat, braucht den Traum vom Studium nicht gleich ad acta legen. Verschiedene Weiterbildungsangebote führen auf dem zweiten Bildungsweg auch während der Berufstätigkeit zur Hochschulreife. Wann das Nachholen des Abiturs sinnvoll und mit wieviel Aufwand zu rechnen ist, erklärt UNI.DE.



Rund jede/r Zweite eines Geburtenjahrgangs in Deutschland erhält heutzutage die Hochschulreife und damit die Berechtigung zum Studium an einer Hochschule. Die Wege zum Abitur sind allerdings verschieden und häufig ist das Zeugnis der Hochschulreife zur Aufnahme eines Studiums nicht mehr nötig. Seit 2009 ist das Studium ohne Abitur in Deutschland möglich und die Zahl der Studienanfänger/-innen nimmt stetig zu. Die traurige Realität ist jedoch, dass Studienwilligen ohne Reifezeugnis so manches Hindernis in den Weg gelegt wird. Etliche zusätzliche Kriterien müssen erfüllt werden. Wer diesen Tanz mit der Bürokratie umgehen will, kann das Abitur nachträglich erwerben.

Vor- und Nachteile des späten Abiturs

Ein klarer Vorteil ist die leichtere Qualifizierung zum Studium. Stimmt die Abiturnote, werden dem Studieneinstieg keine weiteren Hürden in den Weg gelegt. Zusätzlich ist das Abitur im Lebenslauf ein ganz besonderes Merkmal. Der Erwerb des Reifezeugnisses zeugt für viele Arbeitgebende nicht nur davon, dass jemand ein Ass in Mathematik und weniger gut in Spanisch war; die Abiturnote steht vor allem für Ausdauer und Zielstrebigkeit des Schülers oder der Schülerin. Die schulische Laufbahn erfolgreich zu einem Ende zu bringen forderte Einsatzbereitschaft und Eigenmotivation, was im späteren Berufsleben entscheidend ist. Ob das Abitur auf dem ersten oder zweiten Bildungsweg erzielt wurde, ist hierbei unwichtig. Die Hochschulreife nachzuholen wird von vielen Menschen auch als Möglichkeit gesehen, eine etwaige Lücke im Lebenslauf zu schließen. Wer zum Beispiel mit seinem bisherigen Beruf nicht zufrieden ist und sich neu orientieren will, kann so die Zeit konstruktiv nutzen. Oft eröffnen sich währenddessen ganz neue Perspektiven, das Leben zu gestalten. Nachteilig am späten Abitur ist sicherlich der enorme Zeitaufwand. Bis zum Abschluss ist je nach Vorbildung mit einer Schulzeit von drei bis vier Jahren zu rechnen. Wird das Abitur neben dem Beruf nachgeholt, ist der Weg zum Ziel oft sehr strapaziös. Die Kosten variieren von Schule zu Schule. Programme von staatlichen Schulen werden oft kostenfrei angeboten, einzig die Bücher und das Material müssen bezahlt werden.

Der Weg zum Abitur

Ausschlaggebend zur Erteilung der Allgemeinen Hochschulreife ist einzig die Abiturprüfung. Auf welchem Weg man sich für diese Prüfung vorbereitet, ist grundsätzlich jedem freigestellt. Wer sich zutraut, den Stoff komplett auf eigene Faust zu erlernen, kann sich am Ende nur für die sogenannte Nicht-Schüler-Abitur-Prüfung an einer passenden Schule anmelden. Da die Vorbereitung aber oft schwierig ist, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, den Lernprozess durch gezielte Kurse zu unterstützen. So bieten zum Beispiel Volkshochschulen in ganz Deutschland Abiturvorbereitungsprogramme an, die mehrere Jahre dauern. Wer zeit- und ortsunabhängig lernen will, kann sich für eine Fernschule anmelden. Verschiedene Schule bieten dabei an, die relevanten Materialien nach Hause zu schicken und mehrmals im Jahr den Lernfortschritt durch Prüfungen in verschiedenen Fächern zu testen. Da das Lernen von Zuhause große Disziplin voraussetzt, ist es aber nicht für jeden Lerntyp geeignet. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat dazu einen Selbstbeurteilungsbogen zusammengestellt.

Open Educational Resources sind vorerst noch kein Teil deutscher Bildungspolitik

Zwei klassische Methoden das Abitur nachzuholen sind das Berufskolleg und das Abendgymnasium. Grundsätzlich ist ein Kolleg wie eine typische Schule aufgebaut. Man lernt vormittags von acht bis dreizehn Uhr. Das Abendgymnasium zielt hauptsächlich auf die Gruppe der Berufstätigen ab, weshalb die Kurse nach Feierabend von etwa 17 bis 22 Uhr stattfinden. Einen guten Überblick über alle Programme bietet der schematische Überblick von abitur-nachholen.net.

Wer genug Zeit und Durchhaltevermögen hat, das nachgeholte Abitur in Angriff zu nehmen, kann sicherlich mit einer Bereicherung fürs Leben rechnen. Die Wege zur Hochschulreife sind in Deutschland zahlreich und oft unübersichtlich. Deshalb bedeutet ein bestandenes Abitur oft nicht nur den Beweis von Wissen, sondern auch die erfolgreiche Überwindung von jahrelangen Qualen verursacht durch die deutsche Bürokratie.