VON SUSANNE HARTNER | 13.04.2011 09:38

Ein Jahr Au-Pair in Clinton, Massachusetts

Schon mit 16 wollte ich als Au Pair in die USA, doch da ich damals noch keinen Führerschein hatte und auch zu jung war, als Au Pair in die USA zu gehen, hatte ich mir diese Idee wieder aus meinem Kopf geschlagen, jedoch nie vergessen.

Wie alles begann…

Nachdem ich dann mit 19 Jahren kurz vor dem Fachabitur stand und mich zwischen Studium und Au Pair entscheiden musste, stand für mich fest, jetzt oder nie! Erstmal ließ ich mir von mehreren Agenturen Informationsmaterial schicken und hatte so einen Vergleich. Aufgrund des sehr netten persönlichen Kontaktes sowie der ansprechenden Broschüre entschied ich mich für meine Au Pair Agentur. Letztendlich hatte ich einfach ein gutes Gefühl dabei. Erstmal gings mit einer Freundin zum Vorbereitungstreffen nach Ulm. Nach einer kurzen Einführung in das Programm und einem kurzen Interview in Englisch, fühlte ich mich bestärkt in meiner Entscheidung. Nach ca. 4 Wochen hatte ich meine Bewerbung mit Referenzen meiner Babysitterfamilien und Lehrern, Collagen, ärztlichen Bescheinigungen, polizeiliches Führungszeugnis usw. fertig. Dann ging das lange Warten auf einen Gastfamilienvorschlag los. Circa 1 ½ Monate später hörte ich das erste Mal von meiner zukünftigen Gastfamilie. Nach ein paar Telefongesprächen, zahlreichen Emails und einem guten Gefühl meinerseits und dem meiner Mutter, stand fest, dass das große Abenteuer am 8. August 2005 losgehen sollte. Vor meiner Abreise hatte ich folgende Informationen über meine Gastfamilie: ich sollte Luca, damals fast 4 Jahre alt und Julia, damals fast 2, tagsüber betreuen. Mein Gastvater arbeitete als Steuerberater und meine Gastmutter in einem Transportunternehmen. Ansonsten hatte mir meine Gastmutter schon sehr viel per Email erzählt, sodass wir uns bei meiner Ankunft schon ein bisschen vertrauter waren.

Das Abenteuer beginnt...

Nach einer schönen Abschiedsparty, Packen für 12 Monate und einem schweren Abschied von meiner Familie und meinen Freunden, saß ich mit einem sehr unsicheren Gefühl im Flugzeug von München nach New York City. Ob das die richtige Entscheidung war? Dort angekommen hatte ich erst mal 4 Tage Au Pair School auf Long Island vor mir, was mir im Nachhinein dann doch ganz gut gefallen hat. Man trifft viele Leute, die alle das Gleiche durchmachen. Von Montag bis Freitagmorgen stand also Unterricht in Sachen Kinderbetreuung und eine New York City Tour auf dem Programm. Als ich dann endlich mit ein paar anderen Mädels im Bus in Richtung Boston saß, stieg die Aufregung in mir immer mehr an.

Die Ankunft in meiner Gastfamilie...

Schon vom Bus aus sah ich meine Gasteltern mit den Kindern und einem großen “Welcome/Willkommen Susie” Schild. Nach einer herzlichen Begrüßung ging es dann Richtung „Clinton, Massachusetts“, meiner neuen Heimat. So verging das erste Wochenende. Ich traf gleich ein anderes Au Pair und von Heimweh war noch keine Spur.

Aller Anfang ist schwer...

Dieses Sprichwort hat sich für mich in meinem Au Pair Jahr immer wieder als richtig erwiesen. Es kamen immer wieder Veränderungen für mich und ich brauchte einfach eine gewisse Zeit um mich daran zu gewöhnen und dann war es auch okay. Nun zu meiner ersten Woche. Ich hatte großes Heimweh und war ganz ehrlich mit einem 10 Stunden Tag und zwei kleinen Kindern überfordert. Dies wurde aber von Tag zu Tag besser, dennoch stieß ich manchmal an meine persönlichen Grenzen. Als ich aber dann wusste, wie alles funktioniert, von Haushalt bis Autofahren über Kinderbeschäftigung, nahm alles seinen geregelten Lauf und ich wuchs trotz Schwierigkeiten immer besser die Rolle als „Ersatzmama“ hinein.
Meine Aufgaben bestanden darin, dass ich morgens die Kinder anzog und Luca an drei Tagen in der Woche zur Schule bringe und abhole. Ansonsten habe ich Lunch für die Kinder gemacht, ihnen Abendessen gegeben und die Beiden gebadet. Zudem musste ich die Wäsche der Kinder machen, was in Amerika ziemlich unkompliziert ist, da einfach alles zusammen gewaschen wird und nachdem es im Trockner war, einfach zusammengelegt und im Schrank verstaut wird. Nach und nach ist auch zu meiner Gastfamilie ein immer innigeres Verhältnis entstanden, da wir uns wirklich sehr gut verstanden haben. Ich war ein volles Mitglied der Familie und habe auch ab und zu was mit ihnen unternommen. Ich war bei all ihren Aktivitäten immer willkommen.

Das Land Amerika…

Man hört ja immer wieder von den all bekannten Vorurteilen gegenüber Amerika und den Menschen dort. Für mich haben sich ein paar bestätigt, aber ich bin auch der Meinung, dass man das Leben dort selbst erlebt haben muss, um wirklich richtig mitreden zu können. Die Leute dort sind auf jeden Fall offener und interessiert an anderen Kulturen, auch wenn sie ihr Land ganz toll finden. Wenn man in einen Laden kommt, wird man freundlich mit einem „Hi, how are you“ begrüßt. Auch wenn die Verkäufer dort nicht wissen wollen, ob man heute Kopfschmerzen hat oder nicht, sondern ein How are you einfach zum freundlichen Umgang gehört, findet man das am Anfang als Europäer schon komisch. Große Autos, fünfspurige Highways, Starbucks, Flip Flops anziehen bei 5 Grad Celsius, Lebensmittel in großen Behältern verpackt und noch vieles mehr, was man in Deutschland nicht kennt, gehört einfach zu Amerika.
Der Erziehungsstil der Amerikaner ist zudem auch nicht wirklich vergleichbar mit unserem und ich muss zugeben, dass ich damit manchmal ein bisschen zu kämpfen hatte. Amerikaner loben ihre Kinder sehr, was ich gut finde, aber mehr Disziplin und Grenzen setzen wären manchmal auch nicht falsch.

Reisen/Credits...

Natürlich war ich einige Male in Boston, da ich ca. nur 1 Stunde von Boston entfernt wohnte. Obwohl ich eigentlich nicht so der Großstadtmensch bin, hat mir Boston immer wieder gut gefallen. Von den anliegenden Bundesstaaten habe ich Rhode Island, New York, New Hampshire und Maine gesehen. Dann bin ich noch einmal nach New York City gefahren und war übers Wochenende war ich in Chicago und Montreal. Das Visum gilt 13 Monate und nach den 12 Monaten bei der Gastfamilie, hat man noch einen Monat zum Reisen. Ich habe damals meinen 13. Monat so genutzt, dass ich noch bei meiner Gastfamilie war, weil ich noch nicht so richtig nach Hause wollte und das neue Au Pair erst ein bisschen später kommen konnte. Um meine Credits (Collegekurse) zu bekommen bin ich zu den Niagara Fällen und nach Quebec City (Kanada) gefahren. Danach musste ich ein 10 Seiten langes Essay schreiben und hatte somit meine Education in der Tasche. Im Juni hat mich dann meine Familie besucht und wir waren eine Woche in Florida.

Probleme und Betreuung vor Ort…

Ich hatte eigentlich nie größere Probleme mit meiner Gastfamilie und habe somit auch nie meine Betreuerin vor Ort (LCC Local Childcare Coordinator) gebraucht. Die monatlichen Au Pair Treffen, die man auf jeden Fall besuchen sollte, da man sonst die Kaution nicht zurückbekommt, waren immer sehr schön, da man sich austauschen kann und auch gleich Leute in seiner Gegend kennen lernt. Wir waren beim Apple Picking, Bowling, haben Schmuck selber gemacht usw.

Freunde...

Meine Au Pair-Freundinnen spielten während meinem Au Pair Jahr natürlich auch eine ganz wichtige Rolle, da man nach der Arbeit auch mal abschalten muss. Es ist nicht einfach am selben Ort zu arbeiten und zu wohnen. Leider wohnten die anderen Au Pairs alle 20-30 Minuten von mir entfernt. Aber wir verbrachten jedes Wochenende miteinander und trafen uns auch während der Woche oft. Wir waren oft beim Shopping in der Mall oder in Outlet Stores, bei Starbucks, im Kino, machten DVD-Abende, Ausflüge nach Boston, Sleep Overs, eine Halloween Party usw. Ich werde diese Zeit mit Andrea, Kathi, Lea, Julia, Marta und Josefine nie vergessen.

Der Abschied und mein Fazit...

Nach 13 Monaten hieß es dann für mich Abschied nehmen und das war das Schwerste vom ganzen Jahr. Das neue Au Pair habe ich noch kennen gelernt und ehrlich gesagt hatte ich ein bisschen mit der Eifersucht zu kämpfen. Ich hatte aber noch eine sehr schöne Abschiedsparty mit allen Verwandten und Freunden, jedenfalls die Freunde, die noch da waren, denn ich war eines der letzten Au Pairs meiner Gruppe, die wieder nach Hause geflogen sind.
Seitdem ich im September 2005 wieder in Deutschland bin, habe ich meine Gastfamilie ein paar mal wieder besucht. Wir haben zudem noch viel Kontakt über Email und Telefon. Luca ist jetzt 9 und Julia 7 Jahre alt.

Als Fazit kann ich sagen, dass es ein super Jahr war und ich habe für mich persönlich die perfekte Gastfamilie gefunden. Man den Schritt auf jeden Fall wagen sollte, dennoch aber sehr offen, mit viel Anpassungsfähigkeit und keinen falschen Vorstellungen an die Sache rangehen sollte. Bei Fragen sind Emails immer willkommen: susanne.hartner@gmx.de.